Es ist vollbracht. Wir durften antreten und sind angekommen. Allerdings mehr als „nur“ im Ziel.
Es war ein langer Weg bis zu der Medaille, die wir ehrlich gesagt erhofft, aber nicht erwartet hatten, so wie wir so Vieles erhoffen und manches auch erwarten. Dabei wissen wir, dass wir Dinge nur bedingt beeinflussen können. Das Leben bleibt, egal wie fleissig man trainiert, wie sehr man glaubt und wie beständig man ist, am längeren Hebel.
Obwohl wir das wissen, sind wir geneigt das in guten Zeiten zu verdrängen. Und tatsächlich ist das auch gut so. Corona hat uns daran erinnert, dass die Freiheiten, die wir haben nicht selbstverständlich sind, das Gesundheit nicht selbstverständlich ist – das eigentlich nichts selbstverständlich ist. Und trotzdem wehrt sich der menschliche Geist und fordert ein, sucht Schuldige und vergisst allzu oft die Demut.
Klingt schwülstig? Finde ich nicht, denn das hat mir Corona gezeigt und es hallt nach. Warum ich darüber schreibe im Zusammenhang mit der Hyrox WM. Weil durch Corona etwas weggefallen ist, was Petra und ich uns „erarbeitet“ hatten und worauf wir uns gefreut haben. Es war ein Ziel, ein Highlight und sollte ein Abschluss sein. Dann kam Corona und hat uns vor die Wahl gestellt: weiter machen, dran glauben und uns freuen wenn es kommt, dass es kommt.
Es war eine gute Wahl dabei zu bleiben. Wir sind als Team noch enger zusammen gewachsen und wir hatten auch einen Trainingsanreiz als die meisten auf dem Sofa Trübsinn geblasen haben.
Dann endlich das Datum und damit die Bestätigung, dass nichts umsonst war und wir antreten dürfen. Und wieder ist es das Leben was übernimmt. Eine Woche vor dem Event kommt Petras Mann auf tragische Weise ums Leben.
Jetzt verstehe ich den Ausdruck „aus dem Leben gerissen“ auf einmal wirklich. Ich kannte keinen Menschen, der so viel Energie, Lebenslust und Bewegungsdrang ausgestrahlt hat. Kein Paar und keine Familie, die soviel miteinander geteilt und gemacht haben. Niemanden der so bedingungslos da war um zu helfen. Ein Freund wie ihn sich jeder wünscht und damit ein so großer Verlust für so Viele – aber natürlich besonders für Petra und ihre Tochter.
Ich kann mir nicht annähernd vorstellen, was für ein innerer Kampf es gewesen sein muss neben dem Schock, dem Schmerz und dem Verlust auch noch eine Entscheidung treffen zu wollen wie die Teilnahme bei Hyrox. Etwas was ihn als Vater und Ehemann immer so stolz gemacht hat und von dem er sich sicher gewünscht hätte, dass Beide an den Start gehen und weitermachen – in seinem Sinne und für ihn.
Aber geht das überhaupt? Denn neben der körperlichen Fitness spielt auch die Psyche – also das mentale – keine unerhebliche Rolle in einem Wettkampf. Werden wir – Doublepartner und Team das auffangen oder richtig begleiten können?
Und ob! Ich bin noch nie mit mehr Respekt und Willen in einen Wettkampf gegangen – Respekt für Petra und Jana, die sich für den Start entschieden haben und Respekt für Raimund, der ihnen diese Stärke mit auf den Weg gegeben hat und ich war sehr stolz ein Teil sein zu dürfen.
Wir sind ins Ziel gelaufen und es war so viel mehr als ein zweiter Platz. Es war ganz viel Leben, es war so viel Teamgeist und Menschlichkeit um uns herum, es war einer der Momente an die ich mich sicher immer erinnern werde, nicht zuletzt weil wir nicht nur für uns gestartet sind, sondern weil auf eine ganz besondere Art Raimund bei uns war.
Aber das wirst Du immer sein!